Zweieinhalbwege- Bassreflex- Standbox mit hohem Wirkungsgrad
Die Audible 34 ist ein in der heutigen Zeit eher ungewöhnliches Projekt. Warum? Diese Frage sollten wir nicht beantworten, sondern stellen, denn wie der Name verrät, haben wir hier eine hörbare Standbox entworfen - und dass darf diesmal wörtlich genommen werden. Anders als bei der Power-Serie, die für pure Lautstärke erfunden wurde, ist die Audible Reihe für schwachbrüstige Röhrenverstärker gemacht.
Nachdem die Power 17 mit viel Wirkungsgrad statt höchster, audiophiler Eigenschaften aufwarten durfte, ermöglicht uns der eigens für die AXP-Reihe geschaffene isodynamische Transformer GAM-100 nun eine audiophile Konstruktion mit hohem Wirkungsgrad zu realisieren. Dass wir dafür auf das letzte Quäntchen Pegel verzichten mussten, stört wenig, denn es bleiben durchschnittlich immerhin noch knapp 97 dB 2,83 V übrig, wenn zwei Gradient AXP 06 zu Werke gehen:
Die zugehörige Dynamik und Feinzeichung im Hochtonbereich ist mit Kalottenhochtönern nicht zu erreichen, wohl aber mit dem verwendeten isodynamischen Gradient Hochtöner GAM-100 mit seiner im Vergleich zu Kalotten riesigen Membranfläche.
Ein weiterer Einsatzzweck ist der Betrieb an digitalen Amps, die heute immer häufiger anzutreffen sind und in ihrer preiswertesten Version oft nur 2 x 10 bis 15 Watt abliefern und per 12-Volt-Steckernetzteil gespeist werden. Und wer die Audible 34 nicht mit einem Röhrenverstärker, sondern einer leistungsstarken Transistorendstufe betreibt, wird beim Maximalpegel auf seine Kosten kommen.
Gehäuse
Ohne das richtige Gehäuse taugen die besten Lautsprecherchassis samt Frequenzweiche nichts. Wir haben eine Zeichnung angefertigt, die durch Klick auf das Bild hier vergrößert werden kann. Als Sketchupdatei ist die Zeichnung im Download Bereich zum heruntergeladen verfügbar. Wegen der besseren Verfügbarkeit haben wir 19 mm MDF für den Bauplan angedacht, für den Aufbau jedoch 34mm Seekiefer verwendet.

Den Zuschnitt und die Ausfräsungen erfolgte mit einer CNC Fräse und es wurde zusätzlich eine Nut einprogrammiert, um Platten einzulassen und so die Holzrund- bzw. Flachdübel (Lamellos) zu sparen. Die Frontwand, mit den Ausfräsungen kann im Intertechnik Shop mitbestellt werden. Das Verleimen der einzelnen Holzplatten zu einem Gehäuse ist für einen waschechten Heimwerker, zu denen wir Boxenbauer ja meist zählen, gängige Routine, dennoch können gerade für Neulinge ein paar Bilder nicht schaden.


Bei einem so stabilen Baumaterial haben wir auf die im Plan eingezeichneten Versteifungen verzichtet. Die Nutzung ermöglichte einen nahezu passgenauen Sitz der Bretter, ein Nachschleifen war insbesondere wegen des auf der Sichtfläche verschmierten Fugenleims notwendig, also besser gleich mit einem nassen Lappen abwischen - Schleifen ist immer mühsamer als Abwischen. Mit zwei Lagen Holzöl erhielt die Oberfläche einen leichten Goldton und brachte die Maserung deutlich hervor.
Holzliste:
in 19 mm MDF | pro einer Box (in mm) |
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Seiten | (2x) 1000 x 300 |
Deckel und Boden | (2x) 190 x 300 |
Rückwand | (1x) 190 x 962 |
Frontwand (Schallwand) | (1x) 190 x 914 |
1x Reflexbrett und 2x Versteifungen | (3x) 190 x 102 |
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Weiche
Gehäuse und Chassis allein ergeben noch keine funktionsfähigen Lautsprecherbox. Entscheidend für die klangliche Abstimmung ist die Frequenzweiche. Eine derartige Konstruktion mit einem Hochtöner und zwei Tiefmitteltönern ist prädestiniert für ein Zweieinhalbwege-System, bei dem der untere Gradient AXP 06 sich mittels vorgeschalteter Spule oberhalb 400 Hz sachte zurücknimmt, damit es keine Interferenzen im Mitteltonbereich gibt. So wird er zur reinen Bassunterstützung. Die Beschaltung des oberen AXP 06 ist etwas aufwändiger, da er - fast einem Breitband vergleichbar - mit leicht zu höheren Tönen ansteigender Tendenz bis 8 kHz durchläuft und somit in den Arbeitsbereich des Tweeters hineinspielt. Um den oberen Woofer bei 3,5 kHz in seine Schranken zu verweisen, benötigt er einen Filter dritter Ordnung mit 18 dB Flankensteilheit und zusätzlichem Kleinkondensator parallel zum zweiten Kondensator vor dem Tiefmitteltöner.

Der Höchtöner hätte auch mit einem Filter zweiter Ordnung und 12 dB Flankensteilheit gut funktioniert, wenn wir nur die Einzelmessung als Entscheidungsgrundlage betrachtet hätten. Doch damit war weder phasenrichtig noch verpolt eine saubere Summierung beider Weichenzweige im wichtigen Mitteltonbereich hinzubekommen. Da Bauteile im Hochtonzweig ohnehin klein und damit preiswert sind, ergänzten wir kurzerhand einen weiteren Kondensator, statt am falschen Ende zu sparen. So ergab sich dank beidseitig hoher Flankensteilheit ein ordentlicher Summenfrequenzgang. Die verbleibende kleine Überhöhung bei 8kHz senkten wir mit einem zusätzlichen Saugkreis ab - eigentlich eher eine Schönheitsoperation für den Messschrieb statt wirklicher Notwendigkeit. Sie können die Bauteile beim Aufbau ja versuchsweise einmal weglassen. Auch die weiteren von uns eingesetzten Bauteile braucht im Grunde nicht jeder: Die eingangsseitige Impedanzkorrektur dient ausschließlich der Linearisierung beim Betrieb an Röhrenverstärkern.

Für die Frequenzweiche haben wir eine spezielle Leiterplatte entwickelt, die zum Lieferumfang des Bausatz gehört. Mit Hilfe des bebildetern Bestückungsplan werden alle Frequenzweichenbauteile auf der Platte sicher verklebt und verlötet. Bitte beachten, dass der Hochtöner zu den Sechszöllern phasenverkehrt angeschlossen wird. Die Impedanzkorrektur zum Betrieb am Röhrenverstärker wird (nur) bei Bedarf einfach mit eingeschaltet. Ansonsten bleibt die Korrektur gebrückt.
Endmontage
Durch die Bassausschnitte wandern leicht zusammengerollt vier Beutel Sonofil und machen es sich gut verteilt in der Box gemütlich, bevor die Chassis verlötet und verschraubt werden. Wer nicht mit dem Schraubendreher in der Membran landen möchte, ist gut beraten, die Schraublöcher mit einem kleinen Bohrer vorzubohren.
Ein kleiner Tipp zum erfolgreichen Anschluss des Hochtöners GAM 100: Der Pluspol des dynamischen Flächenhochtöners liegt links, siehe mittleres Foto. Ein weiterer Tipp: Vier preiswerte Gummifüße RS 07/ 22 aus dem Intertechnik-Zubehör koppeln die Audible 34 vom Boden ab.


Name | Nennimpedanz | Hochton | Tiefmittelton |
Audible 34 | 4 ohm | Gradient GAM 100 | Gradient AXP06 |
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Hörsession
Den obligatorischen Klangtest nach dem Aufbau erwarten wir immer mit Spannung. Also schlossen wir erwartungsvoll den bereits an der Power 17 erprobten 6P1P von Destiny-Audio an, dessen 6 Watt in Triodenschaltung der Audible 34 bereits in Neunuhr-Stellung genug Dampf machte, um Mozarts Divertimento für Violine, Viola und Violoncello in angenehmer Kammerkonzertlautstärke wiederzugeben.
Wo wir bei der Audible einen gnadenlosen PA-Charakter erwarteten, zauberte die runde Performance des Röhrenverstärkers einen audiophilen Charakter, der Bühne, Ortbarkeit und Feinzeichnung bot und die Größenunterschiede der drei Streichinstrumente wunderbar darstellte. So zwanglos und fesselnd gleichermaßen haben wir klassische Musik selten gehört. In leisen Passagen gab es keinerlei Änderungen in der tonalen Balance, oft ein echtes Problem bei "Laut"sprechern mit hohem Wirkungsgrad. Auch wenn man bei solche getragener Musik nicht von echter Dynamik sprechen kann, so waren doch kleinste Druckänderungen des Bogens auf der Saite vernehmbar.
Als Patricia Kas passend zur Jahreszeit die Herbstblätter (Autumn Leaves) besang, gefiel der warme Klangcharakter der Audible 34. Die Stimme wurde von einem sauberen E-Bass mit Anriss und Nachrollen untermalt und gleichzeitig knackig kurz und trocken von der Basstrumm getrieben. Die rundum gelungene, stets aus einem Guss wirkende Wiedergabe kippte auch dann nicht ins Nervige, als der für übertriebenes Zischeln und nervtötende Schärfe bekannte Sampler "Bravo-Hits 2009" im CD-Spieler lief. Das war jetzt nicht unserem Musikgeschmack geschuldet, sondern durchaus der "Mainstream -Kompatibilität" - es hat ja nicht jeder stets so eine eigenartige Musikauswahl zur Hand, wie die meisten Lautsprecherentwickler.
Um die Audible 34 bei Jazzmusik ohne allzuviel Schönfärberei zu testen, schalteten wir auf Pentode um: 12 Watt sind dann eher in der Lage, auch heftige Impulse in einen adäquaten Schalldruck umzuwandeln. Keith Jarret's "Köln Concert", ein echter Klassiker unter den Klavierkonzerten, begeisterte auf diesem Lautsprecher einmal mehr. Die Szenerie erinnerte an eine akustische Lupe:
Keith Jarret saß leise vor sich hin summend, hustend und mit dem Fuß auf den Boden des Podests stampfend an seinem offenen Flügel und summte beim Spielen die ein oder andere Tonfolge vernehmlich mit. Normalerweise gehen diese Nebengeräusche, die ja alle viel leiser als die per Hammer im Forte angeschlagenen Saiten des Pianos sind, gerne durch mangelnde Präzision bei der Wiedergabe unter, nicht jedoch bei der röhrenverstärkerbetriebenenen Audible 34
Als nächste Disziplin musste sich die Audible 34 bei guter alter Rockmusik beweisen, entgegen heutigen Gewohnheiten ursprünglich und unkomprimiert belassen. "LA Woman" von den Doors geriet bei entsprechender Abhörlautstärke so mitreißend, dass ein Fußwippen und teils auch ein Kopfnicken die Hörsession unwillkürlich begleiteten. In den nächsten Stunden folgten weitere Highlights aus den 60ern und den 70ern, der Text konnte schließlich noch warten, wenn man auch mit Musikhören sein Geld verdienen kann ...
Abschließend betrieben wir die Audible 34 noch am DTA-1, speisten den allerdings nicht neudeutsch per Smartphone, sondern in guter alter Sitte per CD. "Hier kommt Alex" von den Toten Hosen bewies, dass auch Multimedia-PC, Streamer sowie alle anderen modernen und eher schwachbrüstigen Abspieler von dem immensen Wirkungsgrad von nahezu 97 dB / 2,83V profitieren.
Fazit
Die Audible 34 wird ihrem Namen gerecht und arbeitet gleich einer akustischen Lupe jedes noch so winzige Detail einer Aufnahme heraus, ohne jedoch wie viele andere Lautsprecherboxen ihrer Art dabei jemals auch nur ansatzweise nervig zu werden. Jetzt gibt es endlich einen perfekten Spielpartner für allzu schwachbrüstige Röhrenverstärker und Digitalendstufen. Und mit einem etwas potenteren Amp meistert die Audible 34 sogar die ein oder andere Party mit Bravour.
Intertechnik