Die drei Tenöre
Eine Dreiwegebox in guter alter Intertechnik-Tradition
Auf der "HIGH END"-Messe in München war es dieses Jahr offensichtlich: Etliche Vintage-Konstrukte zeigten den Trend auf: Neben audiophilen Lautsprechern existieren auch noch nostalgische Erinnerungen an die guten alten Zeiten. Da macht es Spaß, Opas Plattensammlung mit Vintage-Boxen neues Leben einzuhauchen.
Als ich die entspannten statt konzentrierten Gesichter in den Vintage-Vorführungen sah, stilgerecht zelebriert mit alten Bandmaschinen, zauberte dies ein Lächeln in mein Gesicht und mir ging ein Licht auf, denn ich wusste beim Einsetzen des hochspielenden Basses, welche Zutaten es braucht, ein solches Konzept zu verwirklichen, dass den Retrosound nicht nur hochhält, sondern eindeutig verbessert - die Technik hat sich weiterentwickelt, der Sound ist geblieben.
Manchmal muss das Rad nicht neu erfunden werden, manchmal reicht es, alte Konzepte zu entstauben und ihnen neues Leben einhauchen. Wo die Mastersound-Serie damals vorgestellt wurde, gab es nur eine Handvoll Boxen: Klasse statt Masse traf es damals auf den Punkt, das wollten damals die Kunden und das schätzte auch die Fachpresse.
Derzeit zelebrieren Kunden und Presse den Retro-Trend und das wirkt sich auch auf die Kundenwünsche in unserem Hörraum aus: Immer wieder taucht der Wunsch nach bezahlbaren Eton-Standoxen mit AMT-Hochtöner auf: Wie kaum eine andere Firma hat Eton seine Wurzeln in dieser Zeit der 80er- und 90er-Jahre. Leider passt der AMT nicht in das Budget der meisten Musikhörer dieser Zielgruppe. Den nicht Eingeweihten sei gesagt, es handelt sich hierbei um den ER4 von Eton. Da seit dem Euro alles anders ist, wurden die Stimmen immer lauter, einen bezahlbaren AMT einzusetzen.

Der Gradient AT1 Mark II hat das Zeug dazu, sich auf seine perfekte Art sein eigenes Publikum zu erspielen - durch seine Schnelligkeit ohne jeglichen Verlust an Detailreichtum. Mit einem Preis von 159 Euro ist er für einen Hochtöner dieser Qualitätsstufe sehr bezahlbar, ein Ausnahmechassis, das einen würdigen ersten Tenor verkörpert. Da Eton-Bausätzen schon immer Exklusivität anhaftet, bleibt der Gradient AT1 Mark II exklusiv den Eton-Bausätzen vorbehalten und ist nicht in unserem Webshop zu finden.
Schon lange existiert der Wunsch, einen durchhörbaren und druckvollen Bass, der trotz seiner Power nicht dröhnt, in ein Eton-Konstrukt einfließen zu lassen. "Druckvoller Bass?", fragte ich erstaunt nach, als dieser Wunsch das erste Mal an mich gerichtet wurde, "bitte was meint ihr denn damit?" Ja, so wie die alten Treiber aus den 90er-Jahren. Halt, Moment mal, da reden wir doch von meist ausgewachsenen Kalibern der 12- bis 15-Zoll-Klasse, oder? Membranfläche lässt sich ja bekanntlich durch nichts ersetzen, oder geht es etwa doch, mit einem Achtzöller diesen Sound zu erzeugen?
Mir war schon bewusst, worum es ging: Viele der alten Aufnahmen aus den 90er- und 80er-Jahren klingen heute auf normalen Lautsprechern einfach leblos, denn auch die damaligen Tonstudios hatten offensichtlich eine Loudness-Taste im Mischpult, oder die Toningenieure eine virtuelle Loudness-Taste im Gehör, im Kopf oder in den Fingern ... so dass der Bassdruck bei modernen Lautsprechern einfach fehlt. Heute ist die Loudness-Taste aus der Verstärkerwelt nämlich fast verschwunden.

Dass der Bass-Sound nicht nur über das Gehäusevolumen kreiert wird, haben wir ja schon mit unserer Satorique 3 eindrucksvoll demonstriert. So passt der Achtzöller Eton Orchestra 8-612 mit seiner Papiermembrane als zweiter Tenor nicht nur von den Parametern her, sondern auch preislich voll in unser Konzept, ohne es zu sprengen. Somit passte wie geplant auch noch ein dritter Tenor in die Budgetplanung.
Außerdem war ich auf der Suche nach einem Vierzöller als passenden Mitteltöner. Die Trennfrequenzen unserer Mastersound 84 liegen ja nicht von Ungefähr bei 400 und 4.000 Hz für den angestrebten Sound. Sollte ich den Vierzöller der Eton-Orchestra-Serie einsetzen? Oder mich nach einer Alternative umschauen? In jedem Fall sollte er bis 4.000 Hz sauber hinaufreichen, um dem Ohr keine Übernahme-Frequenz um die 2.000 Hz zuzumuten, wo unser Gehör am empfindlichsten reagiert, um jede Nuance der menschlichen Sprache samt der dazugehörigen Stimmung mitzubekommen. Somit war klar: Der richtige Kandidat war doch im Eton-Lager zu finden und auch preislich passt der Eton-Vierzöller der Orchestra-Serie wunderbar ins Konzept.
Aufbau des Gehäuse: Im klassischem Do-IT -Yourself



Holzliste
Front 1St. 1000 x 248 mm
Deckel 1St. 322 x 248 mm
Seitenwände 2St. 979 x 321 mm
Rückwand 1St. 979 x 204 mm
Innenböden 3St. 300 x 204 mm
Innenteile 2St. 140 x 204 mm
Aussteifung 3St. 100 x 204 mm
Das Gehäuse kann auch in 19mm MDF gebaut werden. Hierzu bitte die Maße umrechnen.
Der Aufbau








Eine Seitenwand mit Markierungen zur Platzierung der Innenteile versehen.





Das auf den Bildern nicht zu sehende angefaste Brett hinter dem Hochtöner wird gemeinsam mit dem schrägen Brett für die Mitteltonkammer eingeleimt.
ACHTUNG: Einfacher geht es, wenn ihr die Schallwand vorher aussägt, weil sonst das Brett hinter dem Hochtöner mit ausgesägt wird. Nicht jeder hat eine Oberfräse und kann die Tiefe einstellen.




Ein Schul-Zirkel reicht hier vollkommen aus.
Bitte darauf achten, Sägeblätter einzusetzen, die für Kreisausschnitte geeignet sind.

An einem Rest von den Brettern kann man den Bandschleifer längs und quer mal ausprobieren, geht echt gut von der Hand.





Aber die Drecksarbeit steht ja noch bevor: Abschleifen mit dem Bandschleifer.










Dämmen


Hier spricht die Technik. Alles auf den Punkt gebracht.
Der Hochtonzweig der Frequenzweiche ist ebenfalls denkbar einfach aufgebaut. Ein Filter dritter Ordnung mit 18 dB/Oct. Flankensteilheit und sehr hoher Impedanz, welche durch einen dem Hochtöner vorgeschalteten Widerstand erzeugt wird. Damit wird der AMT im Frequenzgang sauber an den Mitteltöner angeschlossen und gleichzeitig der ansteigende Frequenzgang des AMT auskorrigiert, sodass dieser perfekt harmonisch spielt. Auch wieder mit geringstem Bauteileaufwand.
Natürlich wäre eine genauso simpel aufgebaute Mitteltonweiche schön und in der Tat ist sie es fast: die Flanken im Hochton wie im Tiefton werden über Filter 2.Ordnung ganz klassisch aufgebaut, jetzt entstehen jedoch zwei Probleme: 1. der Mitteltöner buckelt und spielt so gar nicht linear, 2. der Impedanzverlauf zum Hochtöner fällt mit steilen Kurven auf, die viele Verstärker zu gehobenen Klirr am Ausgang verleiten und das im Präsenzbereich, das muss korrigiert werden. Dazu fällt mir direkt die Weichenschaltung der Firma mit J** aus den 90er Jahren ein, ein Saugkreis, der den Mittelton linearisiert und gleichzeitig die steilen Impedanzflanken glättet, das ist auch hier die Lösung. Natürlich wird dieser Saugkreis auch wieder aus einem Paar Audyn Kondensatoren - einem Elko und einem Q4 - aufgebaut, simpel, günstig und fast perfekt.


Meiner Meinung nach nicht, denn damit würde die Box an Charakter verlieren, und genau darum geht es ja in diesem Bauvorschlag. Viele Lautsprecher weisen diese Überhöhung auf und andere Lautsprecher fallen mit einem langen Ausschwingen im Bereich von 80 - 100 Hz auf. Hört man ältere Aufnahmen, dann fehlt ganz viel von diesem Bereich, das fällt auf, wenn man einen schmalbandigen oder parametrischen Equalizer einsetzt, damit bei normalen Lautsprechern den Bass anhebt und den Hörern nicht mitteilt, wann die Bassüberhöhung aktiv ist und wann nicht. Es ist genau dieses, was die alten Drei-Wege-Boxen gespielt haben, nur in der Theorie konnten viele Lautsprecher Tiefbass spielen, die meisten spielen einen fetten Bass und unsere Mastersound 83 eben auch.
Würde der Bass nicht sauber spielen, nicht durchhörbar sein, würde das wiederum zweifelsfrei unangenehm auffallen, besonders durch solch eine Betonung. Da das Orchestra-Chassis jedoch super leicht und super präzise und super schnell ist, liefert diese Weiche ein rundes Ergebnis ohne den im Klangtest durchgefallenen Saugkreis.
Messungen








Klang
Und wenn es ruhiger wird, kommt mit Phil Colins "True Colours" eine ausgeglichene Harmonie zum Vorschein, kein Präsenzbereich nervt, man hat immer den Eindruck einer homogenen Einheit.
Bei "One More Night" zeigt sich bei geringster Lautstärke, dass die Mastersound 84 auch leise kein bisschen an Dynamik verliert. Es hat eher den Eindruck, dass sich die Lautstärke einfach insgesamt reduziert, ohne an Lebendigkeit zu verlieren. Doch das Coolste: Die 80er werden wieder lebendig!
Toll ist auch das neueste Album von Yello: Malias Stimme kommt in "Cold Flame" rüber wie pure Magie im dynamischen Umfeld der elektronischen Musik. Hört man mal gerne lauter, hat man nie das Gefühl, dass sich der Hochtonbereich in den Vordergrund drängt.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, der Hochtöner ist gar nicht da. Sein unauffälliges Verhalten hat er allerdings seinem Kollegen im Mitteltonbereich zu verdanken, der halt extrem breitbandig aufspielt. Genau so war es von uns gedacht.
Meistens ist das Bedürfnis, nach getaner Arbeit etwas lauter Musik zu hören, nach 22 Uhr gar nicht so gut. Da ist es auch für mich eine ganz neue Erfahrung, dass bei geringer Lautstärke vermeintlich der komplette Dynamikumfang im Raum steht. Dennoch kommt jetzt sicher die unvermeidliche Frage nach der Partytauglichkeit? Ja, das ist die Mastersound 84 ganz bestimmt!
Also drehe ich den Pegel einmal deutlich nach oben: Kein Anzeichen von Stress oder sonstigem Generve, obwohl ich gerade einmal zwei Meter von den Lautsprechern entfernt sitze. Nichts schreit in mein Ohr, es ist einfach nur laut. Ohne den üblichen Schlankheitswahn im Bass - wie es ein Kunde ausgedrückt hat. Auch mit nur einem 8-Zoll-Chassis. Dennoch ist die Mastersound immer zwischen linearen Studiomonitoren und allzu korpulenten Standboxen einzustufen. Hier leisten das handliche Gehäuse und die ausgetüftelte Weiche hervorragende Arbeit.
Jetzt der nächste Song: "Easy Rider" von Chris Rea. Und nun ist der Lautsprecher kaputt? Denn wenn ein guter AMT eines kann, dann ist es genau das: Verrauchte Stimmen wiederzugeben, dass einem Angst und Bange wird. Während mir dieser Song auf so ziemlich allen Boxen so ziemlich auf die Nerven geht, kommt hier die größte Stärke der Mastersound 83 zum Tragen: Ihre Fähigkeit, Harmonie zu versprühen, noch dazu mit einem großem Dynamikumfang und einem AMT, der nicht einmal ansatzweise Härte versprüht. Noch ein extrem gefälliges Stück: Zaz mit "Toujours". Glasklar spielt der Gradient AMT.
Butterweich wäre auch bei dem Song "La Luna" nicht gewollt: Man fühlt sich eher an den Stadtteil Montmartre versetzt (das Künstlerviertel von Paris), im Schatten der Sacre-Coer trinkt man seinen Pernot, bevor die Stimme versinkt und die CD ihr Ende findet. Für die CD hoffe ich, dass sie den Retro-Boom überlebt, vielleicht auch dank der Mastersound 83 - denn jetzt klingt der Retro-Sound moderner als je zuvor.
Gut ist, was gefällt.
Gruß Marcus Nötzel

