Geschlossenes Gehäuse!
|
Als im Jahre 1898 der englische Physiker Oliver Lodge mittels Strom einem Gebilde mit feststehender Spule und beweglichem Eisenkern leise Töne entlockte, war der Anfang für den unaufhaltsamen Siegeszug des elektrodynamischen Lautsprechers gemacht, ohne den unsere heutige Informationsgesellschaft undenkbar wäre. Die Einführung des öffentlichen Rundfunks am 29.10.1923 förderte das allgemeine Bedürfnis nach Schallwandlern, die Radiowellen für die Ohren ganzer Familien hörbar machten. Nachdem von den Western Electric Ingenieuren Wente und Turas 1925 der Ur-Vater fast aller heute gebräuchlichen Lautsprecher erfunden war, befassten sich helle Köpfe mit der Entwicklung immer neuer Konzepte zur Unterstützung der Bass-Reproduktion des Objektes ihrer Begierde. So entstanden Hörner, Transmissionlines und andere Konstrukte mit zum Teil kompliziertesten Umlenkungen, um die von der Membranrückseite abgestrahlten Schallanteile gewinnbringend ins Wohnzimmer zu transportieren. Auf den dafür nötigen Aufwand mit Hunderten von Innenteilern, Zwischenböden und Schallführungen verzichtete nur das Prinzip der geschlossenen Box - der vom Wohnraum verbleibende Rest wurde hierdurch leider nicht größer.
Ziel der geschlossenen Lautsprecherbox war es, den \\"akustischen Kurzschluss\\" zwischen Membranvorder- und -rückseite zu verhindern. An Stelle der aus gutem Grund nicht realisierbaren \\"unendlichen Schallwand\\" baute man ein so großes Gehäuse, dass der Lautsprecher in seinem Übertragungsverhalten nicht behindert wurde. Die Bedämpfung der Eigenresonanz übernahm die steife Membranaufhängung sowie der Elektromagnet, der die Schwingspule trieb. Wegen des geringen Wirkungsgrades damaliger Lautsprecher gewann die \\"infinite baffle\\" genannte Bauart jedoch erst nach dem 2. Weltkrieg an Bedeutung, da jetzt (dank militärischer Forschung) starke Permanent-Magnete aus \\"Seltenerd-Metallen\\" und mit der Push-Pull-Pentode Verstärker mit großer Leistung verfügbar waren. Trotzdem blieben die Lautsprecherboxen für Wohnraumanwendungen unakzeptabel groß und somit in heimischen Gefilden weiterhin der \\"Volksempfänger\\" und dessen Nachfolger vorherrschendes Musikwiedergabeinstrument.
Die heute nicht mehr wegzudenkende Musik im Raum wurde erst möglich, als 1954 Edgar Villchur und Henry Kloss mit der Acoustic Research AR-1 einen geschlossenen Lautsprecher mit \\"akustischer Aufhängung\\" vorstellten. Hierbei griffen sie auf ein 1949 erteiltes Patent von Harry Olsen (RCA/Victor) zurück, das beim Chassisbau mit weicher Membraneinspannung und tiefer Eigenresonanz völlig neue Wege beschritt. Der Weg ins Wohnzimmer öffnete sich schließlich mit dem Regallautsprecher AR 2A und erst recht mit der berühmten AR-3, die neben Soft-Dome-Kalotten-Hoch- und -Mitteltönern einen 12-Zoll Langhubbass beherbergte. Damit war die Tür für den Musikgenuss auf heimischer Couch geöffnet, denn endlich ließen die Lautsprecherboxen auch dem Rest der Familie noch Platz zum leben. Als die Boxen auch noch an Bautiefe verloren, konnte man sie sogar noch vor den neugierigen Blicken der Nachbarn hinter Gardinen und Vorhängen verschwinden lassen - so gehörten die (natürlich) weißen Braun-Boxen LS 730 zu den zwar oft mit dem Ohr, jedoch selten mit dem Auge wahrgenommenen klassischen Vertretern dieser Spezies. Abgelöst in der Gunst der Konsumenten wurde die geschlossene Box in den frühen 70ern durch nunmehr mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer soliden Theorie fundierten Bassreflex-Boxen, deren Väter Neville Thiele und Richard Small neben all ihren Verdiensten auch die Schuld daran trugen, dass lange Zeit potentielle Boxenkäufer mit der Frage: \\"Haben Sie auch drei Wege, 150 Watt und Bassreflex\\" etliche Verkäufer in die Enge trieben.
Nachdem geschlossene Boxenkonstruktionen lange Zeit einfach \\"out\\" waren, erfahren sie seit wenigen Jahren eine Renaissance besonders im Bereich hochwertiger Heimkino- oder Auto-Subwoofer. Doch auch im Lautsprecher-Selbstbau werden immer mehr Fragen nach ihren Vorzügen gestellt.
Damit ein derartiger Lautsprecher nicht noch \\"flattert\\", wenn die Schallplatte (oder heutzutage die CD oder DVD) schon längst wieder im Schrank steht, wird er in eine sehr kleine \\"Kompaktbox\\" eingebaut, deren Volumen zwischen einem Drittel und einem Zehntel des Äquivalenzvolumens Vas des Chassis beträgt. Er erhält seine Rückstellkraft in erster Linie durch die Federsteifigkeit des in der Box eingeschlossenen Luftpolsters. Der Einbau in das Gehäuse erhöht die Resonanz des Basses im Verhältnis Qtc zu Qts, womit tiefe Bassabstrahlung bei genügend tiefer Eigenresonanz auch in einem kleinen Gehäuse möglich ist; da sich geschlossene Boxen zudem wie Tiefpass-Filter zweiter Ordnung verhalten (der Schalldruckabfall unterhalb der Einbauresonanz beträgt 12 statt der bei offenen Konstruktionen üblichen 24 dB/Oktave), hören wir sogar tiefere Basslagen als aus anderen Boxen noch mit vernehmlicher Lautstärke. Der geringere Wirkungsgrad gegenüber offenen Boxen fällt bei den heutigen Verstärkern nicht weiter ins Gewicht, dafür erhalten wir einen \\"saubereren\\" Bass mit mehr Details und Kontour, weil wir die Krücke der Bassverstärkung durch die Schallabstrahlung der Membranrückseite nicht nutzen müssen. Innerhalb der vom Lautsprecher zugelassenen Grenzen können wir die Wiedergabeeigenschaften des Basses durch die Gehäusegröße beeinflussen: kleinere Box, höherer Qtc und umgekehrt. Werte für Qtc um 1,0 neigen zu einer wärmeren, kräftigeren Basswiedergabe, Qtc's kleiner 0,8 klingen auf Grund ihrer besseren Dynamik detailreicher, jedoch zurückhaltender, bestes Ausschwingverhalten garantiert ein Qtc von 0,5 - allerdings muss man für die dynamische Perfektion eine um ein paar Hertz gestiegene -3dB-Frequenz hinnehmen.
Wesentlich für den Klang geschlossener Boxen ist die Befüllung mit Dämmstoff: Der von der Membran rückseitig abgestrahlte Schall darf nicht durch diese hindurch wieder nach außen dringen und muss daher weitgehend im Gehäuse vernichtet werden. Hierzu dienen dem Boxenbauer fest verpresste, faserige Materialien wie Steinwolle, an denen sich die Schall tranportierenden Luftmoleküle reiben und die Schallenergie in Wärme umgewandelt und damit unschädlich gemacht wird. Schaumstoffe wie Prittex sind hier nutzlos. Gute Erfahrungen haben wir auch mit Weichfaserplatten, die zusätzlich auf die Innenwände geklebt Gehäuseschwingungen wirkungsvoll bedämpfen. Bei größeren Gehäusen sollten Versteifungsringe, die in unregelmäßigen Abständen eingesetzt werden, selbstverständlich sein. Da Luft natürlich nirgendwo aus der Box austreten darf, sollten alle Verklebungen von innen zusätzlich mit Acryl-Dichtmasse oder mit unserem berühmten Montagekleber und die Lautsprecher mit Dichtband abgedichtet werden.
Eine nicht zu vernachlässigende Anwendung findet das geschlossene Gehäuse seit \\"ewigen\\" Zeiten im Mitteltonbereich, wo es nicht nur zur Entkopplung vom Bass dient, sondern gerade hier durch seine Filtercharakteristik in großem Maße bei der Abstimmung hilft - so kann unter Umständen eine kleinere Kammer für den fehlenden \\"Körper\\" oder eine größere für impulsreichere Klavieranschläge sorgen.
|
Hörner
|
Wenn man mit seinen Mitmenschen über Hörner spricht, begegnet man immer wieder dem Vorurteil, Hörner klängen blechern oder nur laut, am ehesten aber wie Megaphone. Fragt man dann weiter, woher sie dieses Wissen beziehen, waren es nicht Hörner, die sie gehört haben, sondern nur andere Mitmenschen, die ihnen dies zu Gehör brachten und mit ständiger Wiederholung dafür sorgten, dass sie diese Beurteilungen für ihre eigene Erkenntnis und damit für die Wahrheit hielten. Erklärt man ihnen dann, dass dieses Urteil möglicherweise falsch sei, äußern sie stets, dass für solche Dinosaurier der Lautsprecherentwicklung heute in der Zeit der “Watt pro Mark”-Verstärker doch wohl wirklich kein Bedarf mehr vorhanden sei, immerhin hätte man das Laufrad doch auch schon durch das Auto ersetzt.
Schon seit grauester Vorzeit steht es für den Menschen außer Frage, dass alles, was mehr oder weniger wie ein Trichter aussieht, in der Lage ist, auf rein mechanischem Weg hineingesteckten Schall am Ende verstärkt herauszugeben. So baute er Musikinstrumente, mit denen er aus weiter Entfernung schon das Nahen des Herrschers anzeigen oder einfach die Aufmerksamkeit anderer auf sich lenken konnte. In einer der ältesten Überlieferungen wird sogar von deren Einsatz als mauerbrechende Kriegswaffe berichtet (als sich die belagerte Stadt Jericho nicht herkömmlich öffnen ließ, marschierten mit Trompeten oder Hörnern bewaffnete Heerscharen dreimal um dieselbe, woraufhin die Mauern einstürzten und einer Übernahme nichts mehr im Wege stand).
Nach der Erfindung des Grammophons setzte man auch diesen Geräten die Hörner auf und schon waren an Stimmen und Instrumente erinnernde Geräusche aus dem Trichter wahrnehmbar. Erst mit der Trioden-Röhre von Lee DeForest konnte einem unserem Kopfhörer ähnlichem Gebilde ein höherer Lautstärke-Pegel entlockt werden als jemals zuvor. Dies war aber beileibe nicht das Ende sondern ganz im Gegenteil der Anfang der “Hornverstärkung” im Lautsprecherbau. Um nicht ständig beim Radiohören Kopfhörer tragen zu müssen, nahm man das Trichterprinzip des Grammophons wiederum zur Schallverstärkung her und erzielte eine für die damalige Zeit unerhörte Wiedergabequalität (uns high-end-verwöhnten Heutigen würden sich die Ohren biegen, doch wie wird man möglicherweise in 100 Jahren über unsere Errungenschaften des Klangzaubers vor Lachen Bauchschmerzen bekommen).
Den bahnbrechenden Durchbruch verdanken wir den “Bell”-Ingenieuren Wente und Thuras mit ihrem im Jahre 1928 patentierten Druckkammmerlautsprecher mit freitragender Schwingspule und inverser Aluminium-Membran, dessen kommerzielle Umsetzung die zu “Bell” gehörende Firma “Western Electric” übernahm und mit frühen Modellen wie 555/555W Standards setzte, die auch nach heutigen Maßstäben noch immer zum Besten gehören dürften (leider sind sie zur Beurteilung kaum mehr verfügbar, da sie laut einer verlässlichen Quelle zu 99 % audiophilen japanischen Ohren das Musikhören versüßen). Bis auf den heute üblichen, damals aber noch zu aufwändigen Permanentmagneten und das Design des Phase-Plugs sind diese Lautsprecher für den Mittel- und Hochtonbereich, mit einem entsprechenden Horn kombiniert, nicht groß geändert worden. Ohne sie wäre auch der Arbeitsplatz des Kino-Pianisten nicht überflüssig geworden, doch mit der Möglichkeit, menschliche Stimmen in großer Natürlichkeit wiederzugeben, wuchs der Wunsch Hollywoods, den Kinogängern ihre Lieblingsschauspieler auch sprachlich nahe zu bringen (auch wenn das dem Vernehmen nach manche Karriere abrupt gestoppt haben soll). So startete 1927 mit dem bedeutenden Epos “The Jazz-Singer”, dargestellt vom beliebten und erstmals in einem Film tatsächlich singenden Al Jolson, der Siegeszug des Tonfilms, der in engem Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von nun benötigten wirklich lauten Lautsprechern stand, wollte man doch einem vielköpfigen Publikum mit genügender Qualität die Dialoge bis in die hinterste Reihe hinein verständlich machen (vorne war “Rasiersitz”).
Zur Wiedergabe von Musik bis in den Bassbereich hinunter reichte der “front-loaded” Druckkammer-Lautsprecher nicht aus, also musste man dazu andere Konzepte suchen. Hier leistete der englische Erfinder P.G.A.H. Voigt mit seinen “rear-loaded” Bass- und Full-Range-Hörnern, die er mit Treibern mit sehr leichten Papiermembranen betrieb, Pionierarbeit. Die Fertigung unterliegt wie in den Anfängen auch heute noch der Firma “Lowther”. Auf die Bauform des meist von ihm verwendeten “Tractrix-Horns” kann in diesem Artikel leider nicht genauer eingegangen werden.
Kurz nach Ende des 2. Weltkriegs waren dann aber doch die Tage der Hörner gezählt: Mit der Erfindung der “Push-Pull”-Pentode mit viel mehr Leistung und erst recht seit dem Transistor-Verstärker mit “Power bis gaskrank” konnte man die durchaus sarggroßen Kisten in eben diese stecken, denn man hatte mit den von Rice und Kellogg auf den Weg gebrachten Direktstrahlern trotz Watthungers keine Mühe mehr, große Lautstärken aus handlich kleinen Boxen zu kitzeln.
Kurioserweise wurde diese Entwicklung von einigen wenigen “Ewig-Gestrigen” verschlafen und so findet sich immer noch - allen Weisheiten zum Trotz - eine kleine Schar von Horn-Begeisterten in der Musik-Konsumenten-Szene, die sich beharrlich weigern, die musikalische Überlegenheit von kleinen “High-End”-Zwei-Wege-Boxen anzuerkennen. Trotzig behaupten sie, Hörner hätten nicht nur den Vorzug der größeren Effizienz – was sollte sie denn sonst noch auszeichnen? Nun ja, betrachten wir einmal genauer, wie ein Horn “arbeitet”, bevor wir uns den gängigen Vorurteilen anschließen.
Beschränken wir uns bei unseren Betrachtungen auf die angesprochenen “Rear-Loaded”-Exponential- Bass-Hörner, auch wenn ein großer Teil an Analogien zu allen anderen Hornformen vorhanden ist.
Genau besehen besteht ein Hornlautsprecher aus 5 miteinander in Beziehung stehenden Komponenten: dem Lautsprecher, der Druckkammer, dem Hornhals, der Hornlänge und dem Hornmund. Was sind nun die Aufgaben dieser Teile?
Der Lautsprecher verrichtet die Arbeit. Erwünscht ist ein hoher Wirkungsgrad, der mit einer leichten Membran, idealerweise Unterhang-Schwingspule (Verzicht auf das Gewicht einer langen Wicklung) und einem hohen Kraftfaktor B x l erzielt wird. Die Membran wirkt auf die Druckkammer. Dies ist ein berechenbarer Raum hinter dem Lautsprecher, dessen Austrittsöffnung A kleiner ist als die Membranfläche M (in der Literatur werden verschiedene Berechnungsansätze teils mit Näherungsformeln teils auf Thiele/Small-Parametern basierend sowohl für die Kammer als auch für die Öffnung genannt, die für die Beschreibung der Vorgänge in beiden jedoch nicht erheblich sind, weshalb wir hier auf Formeln verzichten werden). Durch die Bewegung der Membran wird ein Luftvolumen durch die schmalere Austrittsöffnung gepresst, wobei in ihr die Strömungsgeschwindigkeit der Luft im Verhältnis M/A erhöht wird. Einhergehend mit der Erhöhung des Strahlungswiderstandes und dem Anstieg des Wirkungsgrades wird die Auslenkung der Membran bedämpft, was ein Herabsetzen der Verzerrungen bewirkt. Nun könnte man geneigt sein, durch eine immer kleiner werdende Austrittsöffnung den Wirkungsgrad immer weiter zu steigern, doch hier ergibt sich eine natürliche Grenze: ist die Öffnung zu eng, bilden sich Luftwirbel, die sich wiederum als erhöhte Verzerrungen oder auch als Strömungsgeräusche bemerkbar machen oder aber, bei noch kleinerem Auslass, passt die Luft nicht mehr hindurch und es kommt zu einem frühzeitigen Abbruch der gewünschten Effekte.
Die am Austritt entstehende Geschwindigkeitstransformation nimmt, da Luft kompressibel (zusammendrückbar) ist, zu höheren Frequenzen ab, d. h. der Strahlungswiderstand wird kleiner und der Wirkungsgrad fällt, als Faustregel gilt, je größer die Druckkammer, desto früher der Pegelabfall zu höheren Frequenzen. Damit ergibt sich eine obere Grenzfrequenz für die Wirkung der Druckkammer, bei der die Schallübertragung durch das Horn allmählich von der Lautsprechermembran direkt übernommen wird. Lautsprecher und Druckkammer bilden zusammen einen neuen Treiber mit verbesserten Bedingungen für die Schallabstrahlung durch das dahinter beginnende Horn, dessen Öffnungsverlauf vom Hornhals zum Hornmund konisch, exponential, hyperbolisch oder parabolisch sein kann.
Die tiefste vom Horn abzustrahlende Frequenz bestimmt die Mundfläche des Trichters. Sie wird (bis zu nicht mehr handhabbar) immer größer, je tiefer die Box spielen soll. Stellt man das Horn auf den Boden (was bei Basshörnern wohl üblich ist), halbiert sich die Mundöffnung, da der Schall jetzt nur noch halbkugelförmig in den Raum abgegeben wird. Eine weitere Halbierung erhält man, wenn man den Lautsprecher vor einer Wand postiert, am kleinsten wird der Hornmund bei Aufstellung in einer Raumecke. So wird die Größe der Box etwas wohnraumfreundlicher.
Wenn die Flächen von Hornmund und Hornhals bestimmt sind, ergibt sich die Hornlänge aus der Verlaufsgeometrie und der dafür bestimmenden “Trichterkonstanten”. Die Trichterkonstante legt fest, in welchem Verhältnis sich das Horn über die Länge öffnet. Sie ist im konischen Fall linear, in allen anderen verläuft die Öffnung nach entsprechenden parabolischen, exponentiellen oder hyperbolischen Funktionen. Für alle Bauweisen sind Hornhals und Hornmund gleich groß.
Am Hornhals ergibt sich durch die gegen die Membranfläche kleine Öffnung ein hoher Druck mit geringer Teilchenbeschleunigung, was im Verlauf des Horns durch die sich erweiternde Fläche in niedrigen Druck und hohe Teilchenbeschleunigung transformiert wird. Die eigentliche Aufgabe des Trichters besteht darin, den Strahlungswiderstand des (relativ) kleinen Lautsprechers an den umgebenden Raum anzupassen, und damit die akustische Leistung zu erhöhen - am Hornmund ist der Strahlungswiderstand des Schallerzeugers an den der Umgebungsluft angepasst.
Den Verlauf des Schalldruckabfalls zur unteren Grenzfrequenz bestimmt ebenfalls die Horngeometrie, beim konischen Verlauf wird der Druck am schnellsten abgebaut, was einen flacheren Abfall zur Folge hat, beim hyperbolischen geschieht der Druckabbau langsamer, wodurch sich allerdings auch die Verzerrungen erhöhen. Einen guten Kompromiss zwischen diesen stellt das Expo-Horn dar.
Bei der Betrachtung der Schalldruckerhöhung sei auch der Effekt der Schallbündelung durch Reflexionen im Hornverlauf nicht unberücksichtigt.
Doch wie kann das hier Beschriebene Hornboxen Direktstrahlern überlegen machen?
Durch eine verbesserte Energie-Umwandlung muss eine “Horn-geladene” Membran bei gleicher Lautstärke weniger Hub machen als eine gleich große direktstrahlende. Da jedoch die vom Lautsprecher erzeugten Verzerrungen vom Hub abhängen, sind sie bei ersterem kleiner als beim zweiten.
Bei gleicher Lautstärke lässt der Horn treibende Lautsprecher dem Verstärker mehr Reserven für die Darstellung von Impulsspitzen, da er seine Aussteuerungsgrenzen wesentlich später oder, wegen protestierender Nachbarn, gar nicht erreicht.
Der gleiche Schalldruck kann von einer kleineren Membran mit kleinerer Masse erzeugt werden, wodurch sich die Impulswiedergabe verbessert, Ein- und Ausschwingvorgänge gelingen müheloser. Dies führt zu einer lebendigeren, anspringenderen und weniger angestrengten Wiedergabe von dynamischen Musikpassagen wie Schlagzeugattacken, Einstürzenden Neubauten oder wildgewordenen Harfe-Spielerinnen (Deborah Henson-Conant: Just for You: “Under The Bed”. Sehr empfehlenswert!)
Kurz gesagt, ein Hornlautsprecher erzeugt mehr Dynamik bei bedeutend weniger Verzerrungen mit verbesserter Impulsantwort und weniger Verstärkerstress. Daher verbindet der wahre Fan den Ausdruck “Horn-Sound” mit den Adjektiven klar, dynamisch, körperlich, präsent, detailreich, aber ehrlicherweise auch mit schonungsloser und “mit brutalst möglicher Offenlegung” aller Fehler in der Übertragungskette, den abgespielten Aufnahmen oder leider auch mangelnder raumakustischer Anpassung.
Selbstverständlich gilt bei der Konstruktion eines Horns Sorgfalt mehr als Schnelligkeit. Ebenfalls wäre es unvernünftig, den Wohnraumaspekt bei der Betrachtung von Hörnern einfach außen vor zu lassen. Viele hervorragende Hornkonstruktionen schlummern noch in den Köpfen begeisterter Hörnerbauer aus Mangel an Platz, das fertige Produkt dort hinzustellen. Auch kann das Argument: “wenn Du mich liebst, dann lässt Du mich die Bude mit meinem Lautsprecher vollknallen!” einen unerwünschten, wenngleich verständlichen Ausgang nehmen, wodurch dann zwar Platz, nicht aber man selber mehr in der Bude ist.
|
Transmission-Lines
|
Wir befinden uns im Jahr 2000 n. Chr.. Die gesamte Welt der Lautsprecherkonstruktion wird beherrscht von Legionen von Simulationsprogrammen, die es ermöglichen, den Verlauf von Schalldruck und Phasenlage für jeden Raum und jede Aufstellungsvariante bis aufs dB genau vorherzusagen, ohne dass wir genötigt sind, zu Holz und Kleber zu greifen, um ein Probegehäuse zu bauen... Die gesamte Welt? Oh, nein!!
Umgeben von Heerscharen berechenbarer Bassreflexboxen gibt es noch immer ein kleines Häuflein unerschütterlicher Hörner, tapferer Transmissionlines und offener Schallwände, die sich bisher noch jedem Versuch, sie in ein rundum zufriedenstellendes elektro-akustisches Modell zu zwängen, erfolgreich widersetzen konnten. Diesen seltenen Exemplaren widmet K&T in dieser und den nachfolgenden Ausgaben die Aufmerksamkeit, die sie sich auf Grund ihrer nahezu unerschöpflichen, die Bastellust des Entwickler ständig herausfordernden Möglichkeiten verdient haben. Wer anders als unsere allseits beliebte Rubrik “Cheap trick” könnte für die Präsentation außergewöhnlicher Bauvorschläge der anderen Art geeignet sein!
Um es vorweg zu sagen: ich habe natürlich nichts gegen Simulationsprogramme, erleichtern sie doch die Rechenarbeit des Lautsprecher-Entwicklers in vorher nicht gekannter Weise. Nach Eingabe der (möglichst gemessenen) Parameter erlauben sie mir eine ungefähre Vorstellung des zu erwartenden Ergebnisses meiner Arbeit; wenn jedoch in einer Zuschrift Zweifel an der Richtigkeit unserer Messungen eines Subwoofers geäußert werden, weil alle 4 (vier) zur Verfügung stehenden Sim.-prog`s andere Frequenzgänge errechneten, rate ich dazu, sich damit abzufinden, dass Sim.-prog`s die Wirklichkeit nicht abbilden, sondern - getreu ihres Namens - uns nur glauben machen wollen, es sei so, wie sie sagen. Zu ihrem Leidwesen und zu unserem Glück ist die Realität wesentlich komplexer und daher nicht mit einer kleinen Anzahl an Parametern erklärbar – im anderen Fall gäbe es für den Lautsprecherbauer nur noch die Möglichkeit, einen richtigen Beruf zu erlernen, und für den Hobbyisten notgedrungen ein anderes Hobby...
Das offene Rohr
Trenne ich die Membranvorder- und -rückseite durch ein nach hinten offenes Rohr, verschiebt sich der akustische Kurzschluss in Abhängigkeit von der Rohrlänge zu tieferen Frequenzen, da der Schall zum Druckausgleich einen längeren Weg zurücklegen muss. Wird der Lautsprecher in einer Frequenz in Bewegung gesetzt, schwingt er zuerst nach vorn und schiebt die umgebende Luft vor sich her, gleichzeitig saugt er auf seiner Rückseite Luft an. Diese Saugwirkung kommt zeitverzögert am Rohrende an. Der Lautsprecher hat seine größte Auslenkung nach einem Viertel der zur Durchführung einer ganzen Schwingung notwendigen Zeit erreicht. Nun befindet er sich für die Hälfte der Zeit in einer Rückwärtsbewegung. Idealerweise sollte diese zeitgleich mit der Ankunft der Saugwirkung am Rohrende zusammenfallen. Das ist dann der Fall, wenn die Rohrlänge genau einem Viertel der Wellenlänge der anregenden Frequenz entspricht. Ein zusätzlich nutzbarer Effekt: bei maximaler Auslenkung der Membran bremst eine entgegenwirkende Druckwelle die Bewegung, da sich die Luft vor dem Lautsprecher und am Rohrausgang in gleicher, hinter der Membran jedoch in entgegengesetzter Bewegung befindet.
Die niedrigste Frequenz, bei der ein Lautsprecher (herkömmlich angeregt) Schall erzeugen kann, ist seine Eigenresonanz, markiert durch eine deutliche Erhöhung der Impedanz. Bei dieser Frequenz wird der Lautsprecher mit kleiner Energiezufuhr in heftige Bewegung versetzt, d. h. seine Belastbarkeit ist gering und bedarf einer möglichst großen Bedämpfung. Wie oben beschrieben wählen wir als Länge des Rohres hinter dem Lautsprecher ein Viertel der Wellenlänge der Lautsprecherresonanz. Wir errechnen die Rohrlänge nach der Formel:
L = / 4 (2) in Meter
Setzen wir aus (1) = c / f ein, ergibt sich:
L = c / (4 x f) in Meter
mit c = Schallgeschwindigkeit in Luft ( ca. 340 m/sec )
und f = Resonanzfrequenz.
Um eine Vorstellung von den Dimensionen einer Laufleitung zu bekommen, berechnen wir sie doch spaßeshalber einmal für eine Resonanz von 34 Hertz (Hz):
L = 340 / (4 x 34) = 340 / 136 = 2,50 m
Noch keine Aussage habe ich bis jetzt über den Durchmesser des offenen Rohres gemacht. Aus der Annahme, dass der Schall im Rohr den gleichen Weg mit gleicher Amplitude wie außerhalb zurücklegen soll, muss sein Querschnitt über die gesamte Länge dem Membrandurchmesser entsprechen. In der (leider nur sehr begrenzt) zur Verfügung stehenden Literatur findet man auch Empfehlungen, eine sich vom 1,25- bis 2-fachen auf das 0,9- bis 0,7-fache des Membrandurchmessers verjüngende “Line” zu verwenden. Eine weitere gebräuchliche Bauweise sieht eine nach den Formeln für geschlossene Gehäuse berechnete Vorkammer mit anschließender Line im Vorteil, eine Bauform, die sehr stark an ein Bassreflexgehäuse mit sehr langem Reflexkanal erinnert. Dem experimentierfreudigen Hobby-Entwickler lassen all diese verschiedenen Ansätze viel Raum für eigene praktische Erfahrungen. Eng verbunden mit dieser Boxenart ist der Begriff des “try and error”, geht doch sogar ihr heute gebräuchliche Name “Transmissionline” auf einen Irrtum des Entwicklers A. R. Bailey zurück, der in seinem ersten Ansatz eigentlich eine den rückwärtig abgestrahlten Schall vernichtende Laufleitung zu erfinden hoffte.
Da sich kaum jemand freiwillig zwei 2,5-m-Tunnel in die Wohnung legen kann, ist es sinnvoll, den Kanal sooft zu knicken, bis er eine zwar immer noch große, aber jetzt handlichere Bauweise erlaubt. Allerdings entstehen an den Abknicken Reflexionen in die Line zurück, die sich als kleine, engbandige Impedanzspitzen zeigen. Auch sei nicht unerwähnt, dass die ideale Bedämpfung der Lautsprecherresonanz bei deren geradzahligen Vielfachen gegenteilige Wirkung hat, was zu einer Welligkeit sowohl des Frequenz- wie des Impedanzverlaufs führt. Des weiteren ist kein Lautsprecher so freundlich, sich bei der Wiedergabe mit seiner Rückseite auf tiefe Töne zu beschränken, er lädt das Rohr ebenso mit Frequenzen bis weit in den Mitteltonbereich hinein.
Die Bedämpfung der Transmissionline
Auch wenn Bailey bei der Konstruktion irrte, verdanken wir ihm die Erkenntnis, dass geeignete Dämmstoffe sowohl unerwünschte Resonanzen und Reflexionen als auch das Vordringen von Mittelton bis zum Rohrende wirkungsvoll unterdrücken, selbst die Welligkeit des Impedanzverlaufs lässt sich so glätten ohne den Frequenzgang negativ zu beeinflussen. Ganz im Gegenteil ergibt sich durch Ablehkung der Luftmoleküle durch das Dämmmaterial scheinbar eine langsamere Fließgeschwindigkeit der Luft im Kanal, was zu einer Reduzierung der Lauflänge von 15 bis 20 % führt. Das bedeutet, dass wir die Längenformel (2) mit einem Korrekturglied versehen können:
L = c x 0,8 / (4 x f) (3)
Somit kann die Laufleitung bei unserem 34-Hz-Beispiel auf 2,00 m reduziert werden, also kleinere Boxen, wodurch unsere Lebensabschnittsgefährtin wieder ein Stück freundlicher dreinschaut.
An welchen Stellen wieviel Dämmstoff eingebracht werden muss, kann man durch Messungen oder durch Hörproben ermitteln. (Spätestens an dieser Stelle setzen uns immer wieder die Kritiker zu, die der Meinung sind, dass TML´s eh nicht gehen, da sie nicht berechenbar sind, und weil unsere Abhörmethode völlig unwissenschaftlich ist. Diesen Experten sei gesagt, dass man nur ablehnen sollte, womit man sich ausführlich beschäftigt und was sich im Experiment als nicht haltbar erwiesen hat.)
Nach meinen Erfahrungen erzielt man mit einer gleichmäßigen, lockeren Bedämpfung der gesamten Line bis zum letzten Abknick mit Polyesterwatte oder besser noch ungeleimter Putzwolle die besten Ergebnisse. Die in vielen älteren Veröffentlichungen empfohlene Schafswolle neigt dazu, sich im Laufe der Zeit am Boden zu verfestigen und die Knickstellen zu verstopfen, wodurch eine Line-Wirkung schlimmstenfalls nicht mehr vorhanden ist, andererseits bietet sie biologisch Interessierten hervorragende Forschungsmöglichkeiten zum Brutverhalten der gewöhnlichen Kleidermotte.
Wichtiger als die Anzahl der Knickstellen ist die Platzierung des TML-Kanalendes, denn auch hierüber lässt sich einiges an Veränderung im Bassverhalten erzielen. In Bodennähe wird ebenso wie bei
wandnaher Aufstellung der Bass verstärkt, während sich ein Auslass oben an der Box dazu eignet, den Bass abzuschwächen. Endet der Kanal auf der Rückseite, kann es zu Aufstellungsproblemen in kleineren Räumen kommen, eine zu große Entfernung vom Basslautsprecher führt zu Interferenzen und damit zu einer sehr ungleichmäßigen Basswiedergabe an verschiedenen Punkten im Raum.
Im Laufe der vierjährigen Mitarbeit an der K+T habe ich einige neue Erkenntnisse in Bezug auf die ideale Positionierung der Basschassis in der Line gewonnen. So hat seit dem CT 188 eine Vielzahl von TML-Boxen die Lautsprecherwelt bereichert, deren Bässe auf einem Drittel der Lauflänge eingebaut wurden. Bei zwei Bässen pro Box befand sich der zweite auf einem Funftel der Linelänge. So konnte die Welligkeit der Wiedergabe tiefer Frequenzen fast völlig beseitigt werden. Seither wurden Transmission-Lines auch wieder zum begehrten Bastelobjekt experimentierfreudiger Hobby-Entwickler und sogar im Heimkino hat sie sich dank CT 197 und CT 206 als Hauptbox und mit CT 190 undCT 196 sogar als Eckensteher oder Wandhänger etabliert.
Welcher Lautsprecher eignet sich?
Prinzipiell gelten die vorgestellten Überlegungen für jeden Lautsprecher, doch halte ich Lautsprecher mit einem Qts zwischen 0,4 und 0,6 mit möglichst tiefer Eigenresonanz für ideal, da sie auf Grund ihrer Parameter eine genügend laute und konturierte Bassabstrahlung erlauben. Ein höherer Qts führt zu einer verschlechterten Impulsantwort, weshalb ich hierfür eher eine andere Boxenart empfehle. Liegt der Qts niedrig, hat der Lautsprecher auch eine verhältnismäßig hohe Resonanz und sein Schalldruck fällt zu tiefen Frequenzen zu stark ab. Doch auch hier gilt der Satz: Gib keine Erfahrungen weiter, die du nicht selbst gemacht hast oder mit trefflichen Argumenten begründen kannst, denn:
Wir befinden uns im Jahre 2000 n. Chr....
Klangliche Vorteile
Lautsprecherboxen nach dem vorgestellten Prinzip zu bauen, will ich niemandem empfehlen, dem es ausschließlich darum geht, Bass mit “Buffffff” und “Dröhhhn” zu hören. Die Stärken dieser Bauart liegen in den leisen Zwischentönen, Gehäuseresonanzen werden fast völlig unterdrückt, der Impedanzverlauf ist relativ glatt, wodurch eine TML auch als Spielpartner für Röhrenverstärker interessant ist, bis hinunter zur Resonanzfrequenz des Lautsprechers ist der Schalldruck gleichmäßig groß. Da im Gehäuse keine Hohlraumresonanzen entstehen, wird durch die relativ dünne Membran auch kein sich zum Musiksignal addierender Reflexionsschall aus dem Inneren entlassen, daher spielt eine Transmissionline nahezu verfärbungsfrei bis in den mittleren Bassbereich (darüber ist die Schallabstrahlung durch die Membran verantwortlich). Das heißt natürlich nicht, eine TML könne nicht laut spielen. Weil sie nicht gegen ein eingeschlossenes Luftpolster anarbeiten muss, fehlt ihr die Lästigkeit der Kompression, wenn die Membran von der Federsteife der Innenluft wie von einem Trambolin zurückgeschleudert wird, obwohl sie ihren für den Schalldruck nötigen Hub noch gar nicht beendet hat (auch hier sind erst die anderen Lautsprecher für unbefriedigende Ergebnisse verantwortlich). Ein Bauprinzip, das mit so wenig Formeln und Vorschriften für den Lautsprecher auskommt, lässt dem Boxenbauer eine so große Schaffensfreiheit wie kein anderes und eines kann ich garantieren: Jede Transmissionline funktioniert, die eine besser, die andere weniger, doch nie ist das Ergebnis langweilig, weil man es ja vorher schon so simuliert hat.
|
Bandpassgehäuse
Wenn man die Konstruktionszeichnung eines Bandpass-Gehäuses betrachtet, fällt es nicht schwer, die These von Armin Jost, Erfinder des Simulationsprogrammes \\"AJHorn\\", zu verstehen, dass alle Bauformen von Lautsprecherboxen nur Varianten von Hörnern sind, denn ohne Zweifel scheint der Erfinder dieses Aufbaus lediglich den Trichterausgang vergessen oder ihn sehr kurz und gerade ausgelegt zu haben. Andererseits ist es auch nicht falsch, Bandpässe als geschlossene Gehäuse mit vorgesetztem akustischem Filter zu verstehen; doch wie immer man sie bezeichnet, sie gewinnen ihre Ausnahmestellung unter den Gehäuseformen durch die Einzigartigkeit, einem innen eingebauten Chassis nur in einem schmalen Frequenzband Schallabstrahlung zu erlauben. Daher werden sie ausschließlich für Subwooferkonstruktionen im Bereich bis 150 Hz verwendet.
Die Geschichte des Bandpasses beginnt entgegen landläufiger Meinung nicht erst im Jahre 1979 mit dem KEF-Entwickler Laurie Fincham und seinem AES-Artikel \\"A Bandpass Loudspeaker Enclosure\\", das erste Patent wurde bereits 1934 vom Franzosen Andre D'Alton angemeldet, 1952 folgte Henry Lang, doch gab es damals kein wirtschaftliches Interesse an einer Nutzung des Bauprinzips. Als jedoch 1982 die Konstrukteure Augris und Santens in der französischen Zeitschrift \\"L'Audiophil\\" eine Taschenrechner-Berechnung veröffentlichten, wurde der Bandpass anwendbar. Seine wirtschaftliche Blüte erlangte er in einer 1965 von Bose patentierten Ausführung mit beidseitig ventilierten Kammern im dreiteiligen Acoustimass Lautsprechersystem. Zugänglich für den \\"Bastelamateur\\" machte ihn 1988 die Wiederveröffentlichung der Augris/Santens-Methodik durch Jean Margerand in \\"Speaker Builder\\", dem in Deutschland kurze Zeit später die ersten Bausätze der Fidibus- und Intus-Serie von Dr. Manfred Hubert folgten. Durch den Eingang des Computers in die Konstruktionsarbeit und der damit verbundenen Rechengeschwindigkeit gibt es mittlerweile eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Aufbau-Varianten mit teilweise kaskadierend ineinander verschachtelten Reflexkammern, die kein Mensch mehr verstehen könnte. So berechnet das von Adam Hall vertriebene Sim.-Prog. \\"Bassyst 2\\" einen Aufbau, bei dem ein beidseitig ventilierter Bandpass auf eine davor sitzende Reflexkammer arbeitet.
|
|
|
|
Bei unserer Betrachtung werden wir uns auf die klassische Form des Geschlossen/Reflex- Bandpasses beschränken, wenn auch eine gewisse (jedoch nicht nachrechenbare) Analogie zu den anderen Formen gegeben ist.
In einem Bandpass-System befindet sich der Lautsprecher immer im Inneren der Box. Die Rückseite spielt auf ein geschlossenes Volumen Vr, die Front auf eine Reflexkammer Vf. Dieses mittels Reflexkanal abgestimmte System verhält sich wie ein Filter zweiter Ordnung an beiden Seiten des Übertragungsbandes (daher der Name), dessen Grenzen von der unteren (F1) und oberen (F2) -3dB-Frequenz, die auf der logarithmischen Frequenzskala symmetrisch zur Mittenfrequenz F0 liegen, gegeben sind. Die Bandbreite wird bestimmt durch den Dämpfungsfaktor S (ein dimensionsloser Wert zwischen 0 und 1), hierbei gilt: je kleiner S, desto breiter das Band, welliger der Frequenzgang und geringer der Wirkungsgrad. Mit Welligkeit wird der Lautstärkeunterschied zwischen F1 und F2 zu F0 bezeichnet, für S = 0,7 beträgt er 0 dB, für S = 0,5 ergibt sich eine Erhöhung bei F1 und F2 von (theoretischen) 1,25 dB, das bedeutet zugleich das beste Impulsverhalten bei S = 0,7.
Für einen gegebenen Treiber bestimmen die drei Konstruktionsvariablen Frontvolumen (Vf), Rückvolumen (Vr) und Mittenfrequenz des Bandpasses (F0) das Übertragungsverhalten des Gehäuses.
Das Frontvolumen hängt von den Chassis-Parametern und dem Dämpfungsfaktor S ab. Es errechnet sich aus:
Vf = (2 x S x Qts)² x Vas [1]
mit Qts = Freiluftgüte und Vas = Äquivalentvolumen des Chassis.
Das rückwärtige Volumen bestimmt das Frequenzverhalten und den Wirkungsgrad des Systems. Die Berechnung ist wie bei geschlossenen Boxen:
Vr = Vas / ((Qtc / Qts)² - 1) [2]
mit Qtc = Einbaugüte des Chassis und größer Qts.
Die Mittenfrequenz des Bandpasses entspricht der Einbauresonanz des Chassis in der geschlossenen Kammer und ist gegeben durch
F0 = Qtc x (Fs/Qts) [3]
mit Fs = Freiluftresonanz des Chassis
Die letzte zu bestimmende Größe ist die Tuningfrequenz der Bassreflexkammer und damit die Länge des Reflexrohres. Das System ist abgestimmt, wenn die Helmholz-Resonanzfrequenz (im Verhältnis zu Vf) und die Mittenfrequenz gleich sind. Damit ergibt sich aus der bekannten Formel für die Reflexrohrlänge:
L = 94248 x r² / (Vf x F0²) - 1,6 x r
mit L = Länge und r = Radius des Reflexrohres.
(94248 ergibt sich gerundet aus den Zählerfaktoren 3 x 10000 x , 1,6 aus 0,9 x , wie es in der Formel richtig heißt, ist aber weniger fehlerbelastet in den Taschenrechner einzugeben)
Zur Veränderung des Übertragungsverhaltens des Bandpasses stehen uns folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Änderung des Dämpfungsfaktors S
Durch Verkleinerung des Reflexgehäuses erhalten wir mit kleinerem S ein breiteres Frequenzband mit gleicher Mittenfrequenz, geringerem Wirkungsgrad und verschlechtertem Impulsverhalten, eine Vergrößerung bewirkt das Gegenteil. Da das Frontvolumen jedoch quadratisch proportional zum S steigt, zahlt man für ein verbessertes Impulsverhalten leider mit einer großen Box.
|
|
|
|
2. Änderung des Einbau-Q Qtc
Die Vergrößerung des geschlossenen Gehäuses ergibt eine tiefere Abstimmung bei geringerem Wirkungsgrad und unveränderter Welligkeit und Bandbreite. Auch wenn die Darstellung der Diagramme uns glauben machen will, dass die Bandbreite sich mit steigendem Qtc verkleinert, sie beträgt für alle gleich etwa 50 Hz, während sie bei den oberen Diagrammen deutlich von ungefähr 90 Hz auf 30 Hz abnimmt.
|
|
|
|
In den Anfängen der Bandpass-Technik gab es wegen der 12 dB-Filterwirkung zu hohen Frequenzen immer wieder die Empfehlung, zu Gunsten des geringeren Qtc auf Frequenzweichen zu verzichten. Leider zeigen sich bei der Resonanz des Reflexrohres deutliche und klangstörende Peaks im Bereich von circa 500 bis 900 Hz und deren Vielfachen. Diese Tunnelresonanzen können nur durch aktive oder passive Filter begrenzt werden, wobei letztere eine Neuberechnung der Box bedingen, es sei denn, man hat vorher den ohm'schen Widerstand der Spulen berücksichtigt und in der Weiche eingehalten. Der Radius des Reflexrohres sollte zur Vermeidung von Ströhmungsgeräuschen möglichst groß gewählt werden und nicht unmittelbar unter oder über dem Basschassis enden.
Heute spielen Bandpass-Subwoofer kaum noch eine Rolle, da Verstärker mit DSP-gesteuertem Bass-Management fast schon die Regel sind. Weil sie ihr gutes Impulsverhalten jedoch erst in einer recht großen Behausung zeigen, verlieren sie im Zeitalter der Miniaturisierung immer mehr an Verkäuflichkeit. Zudem steht genügend Verstärkerleistungen zur Verfügung, so dass selbst watthungige, geschlossene Boxen mit einer zusätzlichen Tiefbassentzerrung mehr als ausreichend laut aufspielen. Eine Überlebenschance haben Bandpässe aber weiterhin als integrierte Subwoofer in Kombination mit einem kleinen Zwei-Wege-System, dem sie gleichzeitig als Ständer wie auch als unsichtbare Bassunterstützung dienen. Bei geeigneter Wahl der Lautsprecher kann sich so als angenehmer Nebeneffekt eines derartigen Aufbaus der ewige Streit um meist weibliche Boxengröße gegen meist männliche Bassgewalt ein für alle Mal erledigen. In diesem Zusammenhang sollte der interessierte Leser sein Augenmerk unbedingt auf die FirstTime 10 und 12 richten. Mit ihren unsichtbaren Chassis im Bandpass sowie einem sichtbaren Bassmitteltöner bieten sie bei geringsten Abmessungen riesigen Hörspaß.
|
|